GRUSSWORT
Als im Frühjahr diesen Jahres das gesellschaftliche Leben auf ein Minimum reduziert wurde, machte ein Begriff immer wieder die Runde: Systemrelevanz. So wurden all jene Berufe beschrieben, ohne deren Ausübung wir sicherlich schnell an unsere gesellschaftlichen Grenzen stoßen würden: Wir brauchen die Bäcker*innen, die unser Brot backen, die Pfleger*innen, die uns gesund halten, die Busfahrer*innen, die uns von A nach B bringen. Doch dieser Begriff machte gleichzeitig einen Graben auf, eine semantische Spaltung, die mir unangebracht scheint. Denn was ist das für ein Leben ohne Kunst, ohne Musik, ohne gemeinsame Erlebnisse, ohne den Film? Und ohne das Kino.
Es war mit Sicherheit sinnvoll – und ist es auch jetzt wieder – sich einzuschränken, zurückzustecken zum Wohle aller. Doch scheint es mir auch sinnvoll festzustellen, dass Filme, Kino, Festivals relevant sind und bleiben. Denn auch wenn das Geschichtenerzählen nicht satt macht, nicht gesund, und uns auch nicht physikalisch an einen anderen Ort bringt, so lässt es uns doch an andere Orte reisen und unseren Schmerz für einen Moment vergessen. Es kann uns Hoffnung geben. Es macht unser Leben lebenswert. Es ist für ein System, in dem ich leben will, eben genau das: relevant.
Bis zuletzt war die Hoffnung da, dass wir auch unter den widrigen Umständen dieses Jahr ein physisches Festival stattfinden lassen können – nun ist es klar: Das geht leider nicht. Wenn also das KFFK dieses Jahr nur online und nur mit einer Auswahl von Filmen aus den Wettbewerben stattfinden kann, so birgt dies sicherlich auch Chancen: neue Menschen zu erreichen, neue Präsentationsformen zu ertesten. Doch manches wird mir bitterlich fehlen: die Begegnungen, die Filme auf der großen Leinwand, das gemeinsame Erleben. Und so hoffen wir, dass wir einige der Programme, die nun ausfallen müssen, im nächsten Jahr nachholen können, unabhängig von einem Festival: KFFK Unlocked.
Johannes Duncker, Festivalleiter