Manche Filme kann man lesen, manche Texte sind so nah am filmischen Realismus, dass die Bilder nur so vor den Augen vorbeiziehen. Sowohl Literatur als auch Film erschaffen ein Abbild unserer Welt, das wir zu konservieren versuchen. Wir zeigen Euch eine besondere Kurzfilmnacht an einem Ort, an dem gesammelt, archiviert und daraus Neues geschaffen wird: Die Stadtbibliothek Köln. Und wir zeigen Euch, was passiert, wenn sich beide Erzählformen zusammentun. Eva Marianne Kraiss liest dazu Texte aus der Weltliteratur.
A Photograph of Jesus
R: Laurie Hill, UK 2008, 7 min
/… flüssiges Papier
R: Michel Klöfkorn, D 2010, 4 min
Rabbit
R: Run Wrake, UK 2005, 9 min
Der beste Weg
R: Angelika Herta, D 2014, 10 min
The Waves
R: Marta DiFrancesco, UK 2016, 3 min
What happens in your brain, when you hear the german word…? 5min
R: Zora Rux, D 2015, 5 min
The Day Before the End
R: Lav Diaz, PH 2016, 17 min Das Programm wird am Freitag, dem 19 Mai um 20 Uhr in der vierten Etage (Medienetage) der Stadtbibliothek Köln gezeigt. Der Eintritt ist frei.
Wir freuen uns zum ersten Mal Shorts on Wheels außerhalb von Köln veranstalten zu können. Zusammen mit dem Internationalen Frauenfilmfestival bringen wir die Veranstaltung am 6. April im Rahmen des Frauenfilmfestivals nach Dortmund! Shorts on Wheels macht sich zum sechsten Mal Platz auf der Straße und erobert die Stadt! Mit dem Fahrrad, ausgestattet mit Beamer, Sound- und Abspielanlage, bringen wir Euch an aufregende und spannende Orte der Stadt und bespielen deren Fassaden mit unseren Filmen.
„Brauchen wir eine Obergrenze für Katzenvideos?“, wollte eine deutsche Zeitung zu Hochzeiten des Cat Contens wissen. Nicht in Uganda, denn da mag man lieber lustige Videos von Ziegen. Das World Wide Web ist vollgestopft mit diesem Zeug. Nichts gegen Katzen oder Ziegen, aber habt Ihr im Internet schonmal nach wirklich guten Kurzfilmen gesucht? So mit Menschen oder auch ohne, aber mit Ernsthaftigkeit oder eben nicht – ach Ihr wisst schon, was wir meinen!
Von den Hochschulen und aus der freien Szene kommen jährlich unzählig großartige und aufwendige Kurzfilmproduktionen, über die sich an erster Stelle die Festivals freuen. Dann das Festivalpublikum. Doch so ein Kurzfilm hat selbst in unserer Welt eine schnellere Verfallsdauer als manches Lebensmittel. Im Fernsehprogramm ist meist auch kein Platz und wenn, dann zu Nischenzeiten, zu denen man die Glotze schon längst ausgemacht haben will. Also wohin mit all diesen großartigen Filmen und Programmen? Ins Archiv? Ja, da hat sich schon gleichsam eine meterdicke Staubschicht angesammelt. In Museen? Da ist fast ausschließlich Raum für die experimentierfreudigen. Eins steht fest: Sie landen selten in der breiten Öffentlichkeit, wo sie eigentlich hingehören. Denn Kurzfilme sind lebendig, sie sind mutig. In wenigen Minuten skizzieren sie unsere Gesellschaft. Uns. Liebe, Verlust, Flucht, Gefangenschaft – der Kurzfilm kommentiert und analysiert und das stets pointiert. Er ist inhaltlich wie formal am Puls der Zeit. Er ist Experimentierfeld und Konstante zugleich im Schaffen von Künstlerinnen und Künstlern.
Wir möchten nicht mehr, dass unsere aufwendig kuratierten Programme für immer und ewig von der Leinwand und dem Bildschirm verschwinden. Dazu haben wir uns die Stadtbibliothek Köln für die Räumlichkeiten und reelport GmbH für die technischen Fragen ins Boot geholt und die Kurzfilmbibliothek AVA ins Leben gerufen! Ab dem 10. März präsentieren wir mit Unterstützung des LVR und Creative Europe am Josef-Haubrich-Hof an eigens dafür eingerichteten Sichtungsplätzen Kurzfilme der letzten zwei Festivaleditionen – völlig kostenlos für alle! Erfreut uns und die Filmemacher*innen mit Eurem Besuch, schaut Euch vom Deutschen Wettbewerb über Kinderfilme bis hin zu thematischen Sonderprogrammen eine Auswahl der stärksten und wichtigsten Kurzfilme aus Deutschland und der Welt an. Wenn Euch langweilig wird, könnt Ihr dann ja wieder ein Katzenvideo gucken!
Die Blogger Kinodichter waren in diesem Jahr erneut zu Gast beim KFFK / Kurzfilmfestival Köln und haben sich einen eigenen Einblick in das Festival und in das Filmprogramm verschafft.
Wenn sich ein gespanntes Getümmel im Foyer des Filmforums ausbreitet und freiwillige Helfer*innen zu den Türen des Kinosaals stürmen, weil eine Gruppe junger Leute vollbepackt mit Technik frühzeitig hineinströmt, dann wissen wir: Die Kinodichter sind wieder am Start!
Bereits im zweiten Jahr in Folge begleitete die junge Truppe von Blogger*innen uns im Rahmen ihres Seminars an der Universität zu Köln durch das Festival und schenkte unseren Filmemacher*innen eine ganz besondere Aufmerksamkeit. Sie sprachen mit ausgewählten Regisseur*innen und veröffentlichten die Videos online — einsehbar in YouTube, auf www.kinodichter.de und in Facebook.
Wie es dazu kam? Die Seminarleiterin ist unsere Kollegin Jennifer Jones, langjähriges Mitglied der Sichtungskommission des Deutschen Wettbewerbs beim KFFK. Wer könnte das Festival also besser kennen?
Es war uns eine Freude!
Hier gibt’s alle Interviews:
Die Filmemacher Iring Freytag, Viktor Stickel und Linus Stetter erzählen in ihrem Animationsfilm Childdie Geschichte eines Kindes, das seine Hütte verlassen muss, um nach Holz für das erloschene Feuer zu suchen. Die Suche nach dem geeigneten Holz wird zu einer Lebensaufgabe. Johanna Bernhard von kinodichter.de sprach gemeinsam mit Iring Freytag über die Entstehung der Idee bis hin zur schlussendlichen Verwirklichung seines langjährigen Projekts. Child war im dritten Wettbewerbsprogramm des diesjährigen Deutschen Wettbewerbs zu sehen:
Ebenso im dritten Wettbewerbsprogramm AUS DEM NICHTS zu sehen war der Spielfilm A Quiet Placedes Filmemachers Ronny Dörfler. Die Protagonistin Cristina wird bei ihrer Heimkehr Zeugin, wie ihre kleine Schwester Marina unter der harten Hand des Vaters leidet. Statt tatenlos zuzusehen, fordert Cristina ihren scheinbar übermächtigen Vater heraus. Gianna Niemeyer von kinodichter.de sprach mit Ronny über seinen Kurzfilm, Zwangsprostitution, sowie den gesellschaftlichen Umgang mit dem Thema. Außerdem gibt der Filmemacher einen Ausblick auf sein aktuelles Projekt:
Für seinen Spielfilm At the End of the World gewann Filmemacher Dieu Hao Do in diesem Jahr den Publikumspreis im Deutschen Wettbewerb. Er erzählt, verortet in Hong Kong, von einer Liebesgeschichte auf Zeit zwischen der koreanischen Anthropologiestudentin Lucianne und dem deutschen Straßenjungen Oswald. Die Kinodichter haben vorab mit dem Filmemacher gesprochen:
Ebenso hochspannend ist das Interview mit dem deutsch-französischen Künstlerinnenkollektiv Neozoon, das auch in diesem Jahr mit seiner aktuellen Videoarbeit in unserem Programm vertreten waren. Shake Shake Shake ist eine Aneinanderreihung von Bildern im Graphic Interchange Format (Gif), auf denen sich Trophäenjäger nach erfolgreicher Jagd gegenseitig beglückwünschen. Aus einem subtilen Moment wird ein beunruhigendes Ritual, das die Verortung der Akteure in der afrikanischen Landschaft auf eindringliche Weise hinterfragt. Die Kinodichter-Autor*innen Johanna Bernhard, Lisa Brinkmann und Vincent Kannengießer sprachen mit den Künstlerinnen:
Wie kam es zur Gründung des Kollektivs und warum der Name Neozoon?
Als Neozoon wird ein Tier bezeichnet, welches sich mithilfe menschlicher Einflussnahme irgendwo neu ansiedelt. Ausgangspunkt für die Gründung unsere Gruppe war immer das Interesse am Mensch-Tier-Verhältnis. 2009 haben wir ein Projekt gestartet, in dem Tiere aus alten Pelzmänteln den öffentlichen Raum erobert haben. Aber der Name darf auch sinnbildlich gelesen werden, letztlich geht es darum, den Diskurs über das Mensch-Tier-Verhältnis anzuregen.
Sie sind mit Installationen im öffentlichen Raum bekannt geworden. Seit 2011 sind Sie auch mit Kurzfilmen im Internet unterwegs – auch ein öffentlicher Raum. Warum nutzen Sie vermehrt dieses Medium?
Das Internet war für viele unserer Projekte hilfreich: sei es als Verbreitungsmedium oder später auch als Werkstofflieferant. Mit Found Footage zu arbeiten bedeutet immer, mit Materialien umzugehen, die bereits eine Geschichte haben und durch ihre Vergangenheit aufgeladen sind. Ob wir nun im öffentlichen Raum arbeiten oder einen Film machen, entscheidet sich also vor allem auch durch das vorhandene Material.
Sie können die Kunst mit einem Klick veröffentlichen und müssen sie nicht mehr nachts im Geheimen verbreiten. Erscheint Ihnen Ihre Arbeit dadurch anders?
Das ist natürlich allein vom physischen Einsatz ein völlig anderer Vorgang – meist auch mit deutlich weniger Adrenalinkick. Der Entwicklungsprozess einer filmischen Arbeit ist oft auch deutlich länger und man kann entsprechend präziser arbeiten.
Was für eine Rolle spielen Reichweite und Anonymität im Internet für Ihre Kunst?
Zu Beginn unserer Tätigkeit hat das eine große Rolle gespielt, da es ja nicht legal ist, den öffentlichen Raum ungefragt zu bespielen. Darüber hinaus konnte man auch lange nach einer Aktion im öffentlichen Raum noch Abbildungen davon im Netz finden – das hat natürlich auch eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung gespielt. Den geschützten Kunstraum zu verlassen bedeutet für uns aber vor allem, dass man mehr als nur ein ausgesuchtes Kunstpublikum erreicht.
Im Kurzfilm Shake, Shake, Shake werden animierte Fotos von Trophäen – Jägern gezeigt, die Hände schütteln. Was bedeutet diese Geste für Sie?
Es handelt sich um ein Ritual unter Jägern, welches weltweit angewendet wird. Man beglückwünscht sich gegenseitig zum erlegten Tier. Vor dem Hintergrund eines zunehmenden Bewusstseins für die Bedrohung vieler Tierarten hat das natürlich bei der Großwildjagd eine ganz besondere Brisanz. Durch den Fokus auf eine scheinbar simple Geste in einem ansonsten unbewegten Setting wird das Ritual in seiner Absurdität hervorgehoben und öffnet den Raum für einen Perspektivwechsel.
Das Thema der Jagd haben Sie bereits in mehreren Kurzfilmen verarbeitet. Haben Sie einen besonderen Bezug zum Jagen?
Wir unterteilen Tiere im Allgemeinen ja in drei Gruppen: Haustiere, Wildtiere und Nutztiere. Die Jagd scheint uns dabei eine der ambivalentesten Mensch-Tier-Beziehungen zu sein, weil es einerseits noch so etwas wie eine kollektive, genuine Verehrung von wilden Tieren gibt und gleichzeitig diese Lust am Töten existiert. Diese eigenartige Widersprüchlichkeit interessiert uns sehr und wir könnten noch etliche Filme darüber machen…
Warum bezeichnen Sie sich selber nicht als Tierschutzaktivistinnen? Ist es Ihnen wichtig, hauptsächlich als Künstlerinnen gesehen zu werden?
Das eine schließt das andere nicht unbedingt aus – aber was man allgemein als Tierschutz bezeichnet, bewegt sich im Rahmen menschengemachter Gesetze und richtet sich deshalb auch immer nur nach den Bedürfnissen des Menschen. Die Massentierhaltung ist deshalb z.B. per Gesetz geschützt. Sich diesem Thema künstlerisch zu nähern ist eine große Herausforderung. Es eröffnet einerseits völlig neue Spielräume und gleichzeitig muss man darauf achten, nicht eindimensional zu werden. Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass Kunst ambivalent bleiben muss. Es geht uns also nicht um Konsensfindung, sondern zunächst einmal darum neue Denkräume zu schaffen.
Sie verwenden für Ihre Filme Found Footage, das sie zusammenstellen. Ist das eine Form von Recycling oder warum greifen Sie auf dieses Material zurück?
Found Footage zu nutzen, ist natürlich auch eine Art von Reycling, ganz ähnlich also wie bei unseren Tieren aus alten Pelzmänteln. Warum etwas neu produzieren, wenn es bereits massenhaft vorhanden ist? Aber es ist auch eine Herausforderung, auf die im Material vorhandenen Informationen zu reagieren und damit zu arbeiten, ganz anders als wenn man selber dreht. Darüber hinaus reizt uns an Found Footage aber vor allem die Authentizität.
Von links nach rechts: Johannes Duncker, Christine Bernau, KFFK-Moderator Felix Schledde und Marita Quaas im Gespräch.
Vom 16. bis 20. November hat das KFFK N°10 mit zahlreichen Veranstaltungen die Leinwände der Stadt erobert. Den Startschuss setzen wir bei einem Jubiläumsprogramm im Filmforum NRW. Festivalleiter Johannes Duncker und die ehemalige Festivalleiterin Christine Bernau sowie KFFK-Gründerin Marita Quaas gaben nicht nur einen Einblick in die Historie des Festivals, auch wurde den Protagonist*innen dieser zehn Jahre die Ehre erwiesen: Das KFFK zeigte ausgewählte Kurzfilme aus den letzten Festivalausgaben, wie etwa Nicolas Steiners Ich bin’s Helmut.
Im Deutschen Wettbewerb holten wir in fünf Programmblöcken die 26 stärksten deutschen (Ko)produktionen aus fast 800 Einreichungen auf die große Leinwand, die um einen der heiß begehrten Preise antraten. So möchten wir an dieser Stelle den diesjährigen Preisträger*innen sehr herzlich gratulieren. Unsere Jury des Deutschen Wettbewerbs — bestehend aus Melanie Andernach (Vorstandsmitglied des Filmbüro NW, Gründerin der Produktionsfirma Made in Germany), Regina Barunke (Kunsthistorikerin, Leiterin der Temporary Gallery) und Rainer Knepperges (Mitbegründer des Filmclub 813, Herausgeber der Zeitschrift “Gdinetmao”, Filmemacher der “Kölner Gruppe”) — ehrte in diesem Jahr Kaputt von Volker Schlecht und Alexander Lahl mit dem ersten Preis der Kölner Filmproduzenten im Wert von 3’600€.
Der dokumentarische Animationsfilm — verortet im berüchtigsten Frauengefängnis der DDR, Hoheneck — lasse durch die Klarheit seiner assoziativen Illustrationen zu den Interviewaussagen der zwei ehemals inhaftierten Protagonistinnen eine Welt entstehen, in der Ausbeutung, Haftstrafe und Gewalt einen emotional bewegenden Eindruck von ihrem Leid erwecke — mehr als es möglicherweise reale Bilder vermocht hätten.
Unsere Jury von links nach rechts: Regina Barunke, Melanie Andernach und Rainer Knepperges.
Der zweite Jurypreis im Wert von 750 € (gestiftet von Jameson Irish Whiskey) ging an die junge Filmemacherin Charlotte Funke für ihren Dokumentafilm Eric der Soldat. Mit Hilfe klug gesetzter, reduzierter Bildsprache, wohl überlegter Inszenierung und vermeintlich spielerischer Gesprächsführung zeichne sie das überraschende Porträt eines deutschen Soldaten und somit die Skizze eines Dilemmas, die folgerichtig beunruhige. Ein Film, der herausfordert.
Über Druck von Sebastian Fred Schirmer und Sebastian Binder wurde indes mit dem dritten Jurypreis ausgezeichnet (1 Studiotag Colorgrading gestiftet von WeFadeToGrey). Ein kluges und vielschichtiges Gesellschaftsbild präsentiere der Film, wenn er der Frage nachgehe: “Was ist Druck?”. Ein Film über ein beherrschendes Thema unserer Zeit, bei dem wir uns am Ende selbst die Frage stellen: “Wie lebe ich damit?”
Der Publikumspreis im Deutschen Wettbewerb ging in diesem Jahr an den Filmemacher Dieu Hao Do für seinen Spielfilm At the end of the world.
Außerdem gratulieren wir Brenda Lien, die mit ihrem Experimentalfilm Call of Beauty den Preis der WDR-Jury gewann sowie den niederländischen VR-Künstlern Mike von Rotz & Joost Jordens zu der Auszeichnung mit dem Preis Future Spaces für ihren Film Transition.
Neben dem bundesweit ausgeschriebenen Wettbewerb warfen wir im Kölner Fenster wieder unseren Blick auf das filmische Schaffen der Filmschulen und freien Produktionen in Köln. In einer langen Filmnacht stellten wir in zwei Blöcken vielversprechende, aktuelle Kurzfilmproduktionen aus den Jahren 2015 und 2016 vor — bunt gemischte Arbeiten von Fiktionen und experimentellen Filmen bis hin zu Animationen. Im Kölner Fenster ehrte das Publikum Bilal Bahadir mit dem Publikumspreis für seinen Spielfilm Mein Freund der Deutsche, sowie Arkadij Khaet, der mit seinem Spielfilm Durch den Vorhang den zweiten Publikumspreis gewann.
Seit 2013 zeigen wir in der Programmreihe New Aesthetic Filme, die neue Wege aufzeigen, unsere Welt zu sehen. Die gezeigten Werke beleuchten das Grenzfeld zwischen Kurzfilm, Netzkunst, interaktivem Erzählen und Games. Es sind Filme, die durch die Werkzeuge des digitalen Filmemachens selbst möglich geworden und Reflexionen unseres Lebens in der digitalen Welt sind. In diesem Jahr stand diese Sektion ganz im Zeichen der Beziehung zwischen Mensch und Maschine. Während New Aesthetic: Future Bodies die Frage “Was heißt es, Mensch zu sein?” angesichts der ersten unter uns wandelnden Cyborgs neu verhandelte, stellte das Schwesterprogramm New Aesthetic: Future Minds Fragen wie: Was passiert, wenn künstliche Intelligenzen Einzug in unseren Alltag halten? Wie unterscheidbar werden kognitive Prozesse von Mensch und Maschine?
Alan Warburton, Balthazar Auxiètre, Dr. Pablo Abend und Marta Di Francesco erforschen im Gespräch neue Wege der Narration.
Die Reihe New Aesthetic, das Panel zur Zukunft das Erzählens — moderiert von Dr. Pablo Abend von der Universität zu Köln -, der Workshop zur Projektentwicklung für künstlerisches Erzählen im Umfeld von Virtual Reality (im Rahmen von Carambolage, dem Weiterbildungsprogramm für den film- und medienkünstlerischen Nachwuchs in NRW) und der dazu korrespondierende Vortrag “Building living Stories with VR” von VR-Künstler Balthazar Auxiètre (Innerspace VR) aus Paris brachten internationale Künstler*innen in Köln zusammen. So haben wir uns auch sehr gefreut, Marta Di Francesco und Alan Warburton aus London sowie Mike Pelletier und Arjan Brentjes aus den Niederlanden auf unserem Festival begrüßen zu dürfen.
Unser diesjähriges Spotlight widmete sich dem erst kürzlich verstorbenen iranischen Regisseur, Dichter, Fotografen und Drehbuchautoren Abbas Kiarostami (1940–2016) und zeigte ausgewählte Kurzfilme sowie zwei selten gezeigte Interviews. Grund zur Freude hatten wir außerdem, weil wir erstmalig in Deutschland die Sequenz The Horse aus 24 Frames before and after Lumiere zeigen konnten — dem letzten fertiggestellten Film Kiarostamis.
In gleich drei verschiedenen Programmblöcken zeigten wir in diesem Jahr in der sich als Publikumsliebling etablierten Reihe Best of Festivals internationale Preisträger*innen von Busan über Cannes und London bis nach Belo Horizonte und Palm Springs im Filmforum NRW und im Filmblub 813. In der Filmpalette nahmen in unserem Programm Fokus: Work, Work, Work eine Reihe internationaler Kurzfilme unterschiedliche soziale, politische und individuelle Perspektiven zu dem Thema “Arbeit” ein.
Zum Gefühl des Glücks gesellte sich bisweilen während des Festivals eine Spur von Erleichterung. Dass der Kurzfilm so viele Menschen ins Kino lockt, ist auch für uns jedes Jahr aufs Neue etwas, was wir mit begeistertem Staunen willkommen heißen – zumal diese Kunstform jungen wie etablierten Filmemacher*innen als Experimentierfeld dient, in dem sie Grenzen austesten und manchmal zu unserer Freude auch ausreizen.
Wir haben noch kein abgeklärtes Verhältnis zu dem, was diese fünf Tage mit uns und allen Freundinnen und Freundes des Festivals passiert — und dies wird hoffentlich so bleiben.Die Zuschauer*innenzahlen sind in diesem Jahr erneut um 10% gestiegen – Ziffern, die für ein junges Festival, wie es unseres ist, nicht nur rein statistische Werte sind, sondern ein Motor.
Wir werden weitermachen mit neuen Ideen und wachsen – mit der Hilfe aller, denen auch in diesem Jahr unser Dank dafür gehört, dass wir als Festival an unserem zehnjährigen Geburtstag ein gebührendes und ein so mannigfaltiges Film- und Rahmenprogramm auf die Beine stellen konnten. Wir bedanken uns sehr herzlich bei …
…unseren Förderinnen und Förderern von der Stadt Köln, der Filmstiftung NRW und dem Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW für ihr Vertrauen, das uns freie Hand für allerlei Experimente lässt.
… unseren Preisstifterinnen und Preisstiftern, die uns dabei helfen, dem Kurzfilm die Anerkennung und Wertschätzung zukommen zu lassen, die er verdient. In diesem Jahr konnten wir mit der Unterstützung von 2Pilots, bildundtonfabrik, eitelsonnenschein, Lichtblick Film, littleshark entertainment und Zeitsprung Pictures den ersten Jurypreis im Deutschen Wettbewerb auf 3.600 Euro erhöhen. Neben unseren Preisstifter*innen von Jameson Irish Whiskey, WeFadeToGrey, WDR, choices und Finder TV haben wir uns außerdem gefreut, Butterfilm erstmalig im Kreise der Kurzfilmliebhaber*innen begrüßen zu dürfen, ebenso über den in diesem Jahr ins Leben gerufene Preis für die stärkste Virtual-Reality-Produktion — gestiftet von der bildundtonfabrik.
… bei all unseren Unterstützer*innen, Sponsor*innen Kooperations- und Medienpartner*innen für die Zusammenarbeit! Mit Euch war so vieles möglich und einfach. Wir danken den Locations, die für 80 cinephile Fahrradfahrer*innen im Rahmen der Shorts on Wheels#5 ihre Türen öffneten und unser Festival in die unentdeckten Ecken der Stadt trugen.
…bei unseren mehr als 40 Filmemacherinnen und Filmemachern für ihren Besuch, ihre großartigen Filme, die nicht nur die Filmpalette und den Filmclub 813, sondern auch das Filmforum NRW füllten. Wir danken für die bereichernden Gespräche und Begegnungen, für den Tanz und den ein oder anderen gemeinsam geschlürften Cocktail.
Wir haben den Spieß mal umgedreht und mit choices, dem Kultur- und Kinomagazin, über große Momente im Kino, Stärken und Schwächen der Kölner Kulturszene und selbstverständlich über unser Festival gesprochen. Projektleiter Rüdiger Schmidt-Sodingen beantwortete unsere Fragen.
KFFK: Wie groß ist das choices-Team und die Filmredaktion? Und war das Heft eigentlich schon immer kostenlos? Schmidt-Sodingen:Für choices arbeiten gut 20 Autorinnen und Autoren, die Filmredaktion umfasst 10 KritikerInnen. Das Heft wurde 1989 vom kürzlich verstorbenen Kinomacher Heinz Holzapfel, Peter Debüser, Stadtgarten-Gründer Reiner Michalke und Joachim Berndt gegründet. Und es war schon immer kostenlos! Es sollte ja so etwas wie das Kölner Pendant zur New Yorker Village Voice sein, deren Innenteil ja „choices“ heißt.
Über 45 kurze und lange Filmkritiken in einer Ausgabe — von den ganzen Konzertkritiken und Vorschauen ganz zu schweigen. Wie bekommt ihr das eigentlich gestemmt? Die Filmstarts werden von Jahr zu Jahr mehr – und damit wird es auch immer schwieriger, wirklich alle Filme zu spiegeln und zu besprechen. Wir geben da aber unser bestes. Und kurz vor Drucktermin wird es natürlich oft hektisch, da einige Filme plötzlich doch noch in Köln starten, Filmanzeigen dazu kommen oder ähnliches.
Ist die Kulturszene Kölns überhaupt so vielfältig, dass sie Monat für Monat über 60 Seiten füllen kann? Auf jeden Fall! Allein die Kino- und Theaterszene bietet so viele spannende Angebote, dass man täglich zu fünf oder sechs Terminen gehen könnte. Köln war ja schon immer eine offene Stadt. Es gibt also täglich auch viele Angebote junger, neuer Künstler, die sich hier auf kleinen Bühnen ausprobieren oder ihre Filme vorstellen. Diese Neugier auf Neues und Anderes macht Köln zu einer echten Kulturstadt.
Wo hat die Kölner Kulturszene denn Stärken und wo hat sie Schwächen? Die Neugier und der unbedingte Glaube an die Kunst sind in der Kölner Szene allgegenwärtig. Und wir haben hier eine einzigartige Vielfalt von MacherInnen und BetreiberInnen. Schwächen sehe ich höchstens in der Außendarstellung. Da macht man sich mitunter kleiner, als man ist. Oder man übersieht einiges, was längst da ist. Ich werde beispielsweise nie verstehen, warum gute Ideen und eingeführte Marken nach Jahren einfach über Bord geworfen werden. Der Einsturz des Kölner Stadtarchivs hatte da viel Symbolisches.
Rüdiger Schmidt-Sodingen
Bekommt man als FilmkritikerIN nicht nach einigen Jahren ein sehr motorisiertes und abgeklärtes Verhältnis zum Medium Film? Wenn nein: Wie schafft es das Medium, immer und immer wieder aufs Neue zu begeistern? Ich glaube, es hat viel mit dem Herzen zu tun. Solange man empfindsam bleibt, kann man sich einem Film gar nicht abgeklärt widmen. Selbst die schlimmste Mainstreamklamotte kann einige wunderbare Momente haben. Ich halte es da mit René Clair, der mal gesagt hat: „Fünf herausragende Minuten in einem 90-minütigen Film sind genug, um die Hoffnung aufs echte Kino aufrecht zu erhalten.“
Warum habt ihr damals beschlossen im Rahmen unseres Festivals einen Preis zu vergeben? Der Kurzfilm lag uns schon immer am Herzen. Von Beginn an hatten wir mit choices eigene Kurzfilmabende und glaubten an die Erneuerung des Mediums Film durch den Nachwuchs, der sich ja in Kurzfilmen ausprobiert und nach neuen Möglichkeiten sucht. Den Nachwuchs zu bestärken, ihm Mut zu machen, ist ganz klar das Schönste, was man tun kann.
Welche Bedeutung hat die Kölner Kurzfilmszene, etwa mit ihren Hochschulproduktionen, für die Kölner Filmszene insgesamt? Die Kurzfilmszene hatte schon immer eine große Bedeutung für Köln und das Film- und Kinogeschehen. Viele große Regisseurinnen und Regisseure haben hier in Köln gearbeitet oder hier ihre ersten Werke vorgestellt. Und natürlich sind die KHM und die IFS weiter ein unglaublicher Talente-Pool. Sie verstehen es zudem, die Werke ihrer Studenten wirklich bekannt zu machen.
Hast Du, oder habt ihr unser Festival schon mal besucht? Wenn, ja — gibt es eine schöne Anekdote? Ich bin jedes Jahr beim Festival dabei. Die schönsten Momente sind immer die, wo ein Film dich eiskalt erwischt. Das heißt, das Thema oder eine Szene erzählen so viel vom wirklichen Leben, das man völlig gebannt und begeistert ist. Und da merkt man dann, dass die Kunst der einzig mögliche, humane Kampf für die Wahrheit ist.
Jedes Jahr taucht er scheinbar wie aus dem nichts auf unserer Preisverleihung auf, gewissenhaft und selbstverständlich schüttelt er Hände auf der Bühne, lächelt, übergibt seinen Preis. Dann ist er wieder verschwunden, bis zum nächsten Jahr. Wir möchten es endlich wissen: Wer ist dieser Thomas Finder eigentlich, der dieses Jahr bereits zum viertem Mal ohne zu murren unseren Publikumspreis im Kölner Fenster stiftet? Wir verabreden uns an einem schwülen Endsommertag in den Geschäftsräumen des Finder TV-Kameraverleihs. „Kameraverleih“ – in unserer Erwartung erstrecken sich Bilder einer Technik-Grotte in der urbanen Unterwelt, stickige Luft, fleckiger grauer Filzboden – und gibt’s da überhaupt Club Mate?
Thomas Finder. Den Eingang zu der Firma ziert diese Lolli-Sammlung, an der man sich gerne bedienen darf!
Aber nein — Thomas Finder und seine Kollegen wirken alles andere als arm an Sonneneinstrahlung. Die lichten Räume in der Deutzer Arnoldsstraße sind riesengroß, mit Laminatboden verkleidet, die Küche ist stilsicher. Im Kühlschrank stapeln sich wahrscheinlich die Koffeinhaltligen-Wunderflaschen zu einer Pyramide aus Frohsinn. Vor 1,5 Jahren hat die Firma sich hier niedergelassen. Apropos Küche: Über eine Redaktion verfügt Finder TV auch und arbeitet seit März für das Sat1-Frühstücksfernsehen. Ein Ladendetektiv kommt auf ein Pläuschen vorbei, denn die Sat1-Sendung „Fahndung Deutschland“ wird auch von hier mit Ideen beliefert. Im Keller gibt es ein Postproduktionsstudio, das untervermietet wird und ein Tonstudio, das – zu unserer größten infantilen Freude – je nach gewünschter Atmosphäre das Licht verändert!
Hier scheint alles möglich, und das hat sich Finder wohl auch zum Programm gemacht. 24 Stunden telefonischer Notfall-Service? Kein Problem! Notfalllieferung nach Florida? Machen wir irgendwie! Beim Dreh wird noch Personal benötigt? Finder schickt seine Azubis vorbei! „Man kennt sich, man hilft sich“, sagt er dabei mit kölscher Manier. Und zum Festival: „Wenn jemand beim Publikum ankommt, dann hat sie oder er eine Chance verdient, gefördert zu werden.“ Silvia Borges etwa, die 2013 mit Zu dir? auf dem KFFK (damals noch „UNLIMITED“) den Publikumspreis gewann, arbeitete auch nach der Preisstiftung mit Finder zusammen. Eine dieser Arbeiten, Ein Mann wie ein Baum, ist dieses Jahr unter anderem im Rennen des Heartland Film Festivals im amerikanischen Indiana. „Ich würde gerne den nächsten Roland Emmerich fördern“, sagt Finder. Puh, lieber Thomas Finder — wir geben unser bestes!